Bericht zum Fachgespräch von Annette Sawade, SPD:
Erst vor einer knappen Woche trafen sich auf Einladung des THW viele Mitglieder des Deutschen Bundestages in der Lobby des Reichtags zum Austausch. Alle Bundesländer waren durch ihre THW‘ler vertreten. Da passte es haargenau, dass am vergangenen Freitag auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Annette Sawade der Präsident des THW, Albrecht Broemme, zu einem Fachgespräch nach Künzelsau kam.
Der Anlass für die Abgeordnete Herrn Broemme einzuladen war eigentlich ein Leserbrief zu der Massenkarambolage auf der A6 im vergangenen Jahr. Eine Leserin wies daraufhin, dass die Arbeit der vielen Helfer im Hintergrund von Feuerwehr, THW und der Mitarbeiter in den Leitstellen, nicht dankend erwähnt wurde.
Vor rund 40 Fachfrauen und Männern von THW, DRK, Notfalldienst, DLRG, Feuerwehr und Vertretern der Landkreise referierte Albrecht Broemme zunächst über die umfangreichen Einsätze des THW im Ausland und Inland. Er betonte, wie wichtig die ständige Weiterbildung für die Einsatzkräfte ist, dass gemeinsames koordiniertes Arbeiten mit den anderen Rettungskräften wie Feuerwehr und DRK immer wichtiger wird und eben keine Konkurrenz darstellt. Jeder sollte seine speziellen Fähigkeiten einbringen.
Nach Spenden gefragt, wies er daraufhin, dass es heute oft wichtiger sei, Zeit zu spenden als Geld. Denn auch das THW muss sich um Nachwuchs kümmern. Deshalb werben sie nicht nur um die junge Generation, sondern auch um die rüstige Generation 60plus und vor allem um Frauen. Ihre Fachkenntnisse seien einfach zu schade, wenn sie brachlägen und nicht genutzt würden.
Ganz wichtig ist für ihn die seelsorgerliche Betreuung durch die Kriseninterventionsteams. Das habe es früher so nicht gegeben. Aber die psychische Belastung nach schweren Einsätzen ist für die Helferinnen und Helfer riesig und manche werden damit auch Jahre danach nicht fertig.
Anschließend schilderten die Gäste – in der Summe waren über 770 Jahre Erfahrung im Rettungsdienst versammelt – ihre Erfahrungen aus ihren Bereichen. Vieles läuft gut, einiges andere wurde aber auch unisono beklagt:
- Die wachsende Bürokratie für die Ehrenämtler: bei der Gesetzgebung sollte dies mehr beachtet werden.
- Mehr Geld ist nicht entscheidend, aber dass zumindest die Auslagen ersetzt werden und der Verdienstausfall für alle Organisationen gleich gestellt wird. Bayern hat dies umgesetzt.
- Manche wagen es nicht, ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, dass sie bei einem Rettungsdienst ehrenamtlich arbeiten, weil sie im Notfall abgerufen werden können. Auch die Genehmigung längerer Einsätze ist oft sehr schwierig, vor allem dann, wenn das Medieninteresse erloschen ist.
Hier gab Albrecht Broemme den Rat, lieber offensiv mit dem Ehrenamt umzugehen. Jeder Arbeitgeber könne sich über einen engagierten Mitarbeiter, der seine Freizeit anderen Menschen helfend zur Verfügung stellt, glücklich schätzen. Das sei immer noch besser als teure Survivalkurse für Manager zu veranstalten.
Weitere wichtige angesprochene Themen waren:
- Die ausgesprochen zurückhaltende Zahlungsbereitschaft der Versicherer nach Rettungseinsätzen. Da wird z.B. nach Einsatzminuten der einzelnen Rettungsdienste gefragt, um die Schadensgröße zu minimieren. Da wird nach der Notwendigkeit gefragt, ob denn wirklich soviel Leute vor Ort sein mussten. Aber – wehe es waren dann zu wenige Helfer da.
- Natürlich wird der Wegfall der Zivildienstleistenden bedauert, die gerade beim DRK viel geholfen haben und in der Folge auch häufig im Rettungsdienst geblieben waren.
- Die Leistung der Rettungsdienste sollte als medizinische Leistung abrechenbar sein.
- Doppelstrukturen bei Land und Bund sollten vermieden werden, die Bundeswehrstandorte und auch die Reservisten sollten mit- und besser eingebunden werden.
- Die Notarztversorgung im ländlichen Raum muss besser bewertet und die Ausstattung verbessert werden.
Alles in allem war es ein fruchtbarer Austausch, den man, so der Wunsch aller, fortsetzen möchte. Geplant ist für das nächste Jahr ein Gespräch mit dem Bund der Selbstständigen (BdS) und Arbeitgebern, um sie von dem hohen Mehrwert der ehrenamtlich tätigen Rettungshelferinnen und Rettungshelfern zu überzeugen.
Überlegenswert sei es auch, auf den vielen Messen die hier vor Ort stattfinden einen gemeinsamen Informationsstand der „Retter vor Ort“ aufzubauen, um zu informieren und aktive Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu finden.